Schlagwörter
Briefe, Briefwechsel, Dichterbriefe, Goethe, Klassik, Schiller, Weimar
Die Freundschaft zwischen Goethe und Schiller gehört wohl zu den bemerkenswertesten Erscheinungen in der deutschsprachigen Literatur. Dokumentiert ist sie vor allem durch die nahezu eintausend Briefe, die sich die beiden Schriftsteller seit dem Jahre 1794 bis zu Schillers Tod 1805 schrieben. Danach verbrachte Goethe lange Zeit damit, seine Korrespondenz mit dem »hohen Freund« zu ordnen und für die Publikation aufzubereiten. Wenig bescheiden und bereits im vollen Bewusstsein seiner literarischen Bedeutung nannte Goethe den Briefwechsel eine »Gabe […], die den Deutschen, ja ich darf wohl sagen den Menschen geboten wird.«
Begonnen hatte die Korrespondenz der beiden Dichterfürsten übrigens mit dem Versuch Schillers, Goethe als Beiträger und Mitherausgeber der Zeitschrift »Die Horen« zu gewinnen.
Schillers erster Brief an Goethe, datiert auf den 13. Juni 1794, gesendet aus Jena.
Der Brief beginnt mit den Worten:
Hochwohlgeborner Herr,
Hochzuverehrender Herr Geheimer Rath!
»Beiliegendes Blatt enthält den Wunsch einer, Sie unbegränzt hochschätzenden, Gesellschaft, die Zeitschrift, von der die Rede ist, mit Ihren Beiträgen zu beehren, über deren Rang und Werth nur Eine Stimme unter uns seyn kann. Der Entschluß Euer Hochwohlgeboren, diese Unternehmung durch Ihren Beitritt zu unterstützen, wird für den glücklichen Erfolg derselben entscheidend seyn, und mit größter Bereitwilligkeit unterwerfen wir uns allen Bedingungen, unter welchen Sie uns dieselben zusagen wollen.«
Der Umgangston in den Briefen zeichnete sich dabei zuerst durch gegenseitige Hochachtung aus und wurde erst im Laufe der Jahre etwas vertrauter. Von warmer Herzlichkeit geprägt war er allerdings eher nicht. Ein einziges Mal nur ließ sich Schiller zur emotionalen Anrede »Geliebter Freund!« hinreißen – diese wurde von Goethe aber im nächsten Brief nicht erwidert, und auch bei Schiller findet sie sich nie wieder.
Der letzte Briefwechsel der beiden datiert schließlich auf den 25. April 1805, zwei Wochen vor Schillers Tod. Darin bringt Goethe den Wunsch zum Ausdruck, den zehn Jahre jüngeren, aber bereits schwer erkrankten Schiller »bald zu sehen«. Der Wunsch wurde ihm erfüllt, einige Tage später traf er ihn noch einmal auf dem Weg zum Hoftheater.
Der Tod des Freundes traf Goethe hart. Er sollte Schiller noch um beinahe 27 Jahre überleben. Um den Verlust zu verarbeiten, entwendete er im Jahre 1826 Schillers skelettierten Schädel aus der Weimarer Fürstengruft und verfasste, während er das morbide Andenken auf seinem Schreibtisch stehen hatte, das Gedicht »Bei Betrachtung von Schillers Schädel«.
Die erhaltenen Briefe sind übrigens von der Klassik Stiftung Weimar digitalisiert und in einer Online-Datenbank zugänglich gemacht worden: http://ora-web.swkk.de/archiv_online/gsa.entry?b=28&vc=1046&source=gsa.archivalien
Transkribiert findet man sie z. B. beim Friedrich-Schiller-Archiv Weimar.